Überfischung der Meere: Ursachen, Folgen & Lösungen
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Überfischung der Meere: Ursachen, Folgen & Lösungen
Gut, aber aus: Fisch gilt als nahrhaftes Grundnahrungsmittel, doch seine Bestände sind vielerorts nahezu erschöpft. Wie so oft, mangelt es an der Umsetzung richtig nachhaltiger Maßnahmen.
Claudia Dlapa
Chefredakteurin
“Gib einem Mensch einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre ihn wie man fischt und er wird die Meere bis 2050 komplett leer gefischt haben”, lautet die zynische Version eines bekannten Konfuzius-Zitats. Die zugespitzte Pointe hat leider einen wahren Kern: Wir entnehmen den Ozeanen konsequent mehr Fische als die lokalen Ökosysteme verkraften können. Die Überfischung der Meere hat durch durch das ausbeuterische Verhalten der Industrie bereits ein bedrohliches Ausmaß erreicht.
Doch warum kommt es überhaupt dazu, welche Folgen und Kollateralschäden nehmen wir für unseren Fischkonsum in Kauf und welche Lösungen existieren für das Problem? All das erfährst du im Folgenden.
Überfischung bedeutet einfach gesagt, dass mehr Fische aus Meeren, Seen oder Flüssen gefangen werden als natürlich nachkommen können. Als Folge schrumpfen die regionalen Bestände der überfischten Arten. Das kann auch zum Aussterben einzelner Fischbestände führen. Überfischung hat allerdings schon lange vor dem Aussterben eines Fischbestands bedrohliche Konsequenzen für einzelne Arten und Ökosysteme.
Fisch landet immer öfter auf unseren Tellern: Weltweit werden im Durchschnitt 20,5 Kilogramm Fisch pro Jahr gegessen – so viel, wie nie zuvor. Ein wachsender Anteil des Speisefisches stammt aus der Zucht in sogenannten Aquakulturen. Doch für die Fütterung dieser Zuchtfische werden oft Fische aus dem Meer gefangen. Auch der weltweite Fang wildlebender Fische für unseren Verzehr hat sich von 1986 auf 2018 von 87 Millionen Tonnen auf 96 Millionen Tonnen erhöht. Unser Hunger auf Lachs, Thunfisch, Shrimps und Co. ist ungebrochen und wird laut Prognosen der Welternährungsorganisation FAO weiter zunehmen.
Um der Nachfrage gerecht zu werden, legen sich industrielle Fischereibetriebe mächtig ins Zeug: Sie fangen jährliche Millionen Tonnen an Fisch und anderen Meerestieren aus den Gewässern. Fangzahlen, Methoden und Gebiete für Fischerei werden vielerorts zwar reguliert, die Vorgaben stützen sich jedoch nicht immer auf wissenschaftliche Empfehlungen. Hinzu kommt, dass die Fischereiindustrie bestehende Gesetze nicht immer befolgt und ihre Einhaltung nicht ausreichend kontrolliert wird.
Während 1990 zehn Prozent der weltweiten Bestände überfischt waren, sind es laut FAO heute 34 Prozent. Im Mittelmeer beträgt der Anteil bereits dramatische 62 Prozent. Weitere 60 Prozent der globalen Fischbestände gelten als “maximal genutzt”, sie bewegen sich also an der Grenze zur Überfischung.
Die Überfischung der Meere hat Folgen für die marine Tier- und Pflanzenwelt sowie für ganze Ökosysteme. Große Gefahren gehen dabei vor allem von der industriellen Fischerei aus. Die bis zu 150 Meter langen Schiffe der Industrieflotten arbeiten hochtechnisiert und plündern die Ozeane mit grausamen Massen-Fanggeräten.
Die Methoden der Fangflotten sind ökologisch betrachtet in den meisten Fällen eine Katastrophe. Beliebt ist vor allem der Einsatz unterschiedlicher Netze und Leinen. Das Problem mit vielen dieser Methoden ist, dass nicht nur gewünschte Fische eingefangen werden. Auch andere Arten landen im Netz oder bleiben an Leinen hängen, darunter auch größere Meeressäuger wie Wale und Delfine. Rund 300.000 von ihnen werden jährlich tot oder verletzt wieder über Bord gekippt. Haie, Meeresschildkröten, Seevögel und Robben enden ebenfalls regelmäßig als unerwünschter Beifang wieder im Meer.
Zu den zerstörerischsten Fangmethoden der Industrie zählen Grundschleppnetze. Wie ihr Namen schon sagt, reichen sie bis zum Meeresgrund, auf dem sie mit Gewichten beschwert entlang gezogen werden und dabei den Boden aufwühlen. Innerhalb von Sekunden werden auf diese Weise nicht nur wahllos alle auf dem Grund lebenden Tiere aufgescheucht und abrasiert, auch wertvolle Korallenwälder werden durch die riesigen Netze komplett vernichtet. Zurück bleibt eine brutal verwüstete Unterwasserwelt. Hinzu kommt, dass das Aufwühlen des Meeresbodens das dort gebundene CO2 freisetzt, wodurch die Meere zu versauern drohen.
Der marine Lebensraum befindet sich in einem sensiblen Gleichgewicht. Werden Fischbestände ohne Rücksicht auf Verluste dezimiert, kann das fatale Folgen für gesamte Ökosysteme nach sich ziehen.
Ein tragisches Beispiel liefert uns der Kabeljau. Viele Jahre lang wurde der beliebte Speisefisch im großen Stil vor den Küsten Neufundlands gefangen. Erst als sein Bestand fast vollständig ausgelöscht war, verhängte man im Gebiet ein Fangverbot. Doch man hatte zu lange gewartet, das Ökosystem war bereits unwiederbringlich aus dem Gleichgewicht gestoßen worden. Shrimps und andere Arten, die dem Kabeljau ursprünglich als Beute zum Opfer fielen, konnten sich ungehindert vermehren und die Eier und Larven des einstigen Fressfeindes verspeisen. Bis heute hat sich der Kabeljaubestand vor Neufundland nicht erholt. Für die Menschen der Region, die jahrhundertelang von der Fischerei lebten, bedeutete der Verlust des Kabeljaus eine wirtschaftliche Katastrophe.
Schon lange fordern Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace ein umfassendes Meeresschutzabkommen. Dieses wäre die Grundlage für weitreichende Schutzgebiete, in denen industrielle Fischerei verboten wäre. Derzeit stehen lediglich drei Prozent der Meeresgebiete unter Schutz – viel zu wenig, laut Meinung von Wissenschaftler:innen. Sie berechnen, dass sich dieser Anteil der stark geschützten Gebiete bis 2030 auf mindestens 30 Prozent erhöhen muss, damit sich die Meere vor Überfischung, Raubbau und Vergiftung ausreichend erholen können.
Daneben werden weitere Maßnahmen gegen Überfischung nötig sein. Expert:innen verlangen ein starkes Fischereimanagement, das auf Ökosysteme Rücksicht nimmt, schonende Fangmethoden definiert und nachhaltige Fangmengen auf Basis wissenschaftlicher Empfehlungen festsetzt. Nicht zuletzt muss die Einhaltung der Vorgaben auch ausreichend kontrolliert werden.
Auch als Konsument:innen können wir einen Beitrag gegen Überfischung leisten, indem wir beim Einkauf von Fisch folgende Tipps beachten:
Wer auf Fisch nicht generell verzichten will, sollte darauf Wert legen, regionalen Bio-Fisch aus nachhaltiger Fischerei zu kaufen.
Pflanzenfresser wie der Karpfen sind umweltfreundlicher als Raubfische wie Forelle oder Saibling.
Fisch sollten wir bewusst und in Maßen konsumieren: Er ist kein Fast-Food, sondern eine Delikatesse.
Verlasse dich nicht auf nicht vertrauenswürdige Gütesiegel wie MSC. Mehr Infos zu einzelnen Siegeln erfährst du im Greenpeace Gütezeichen-Guide.