Nicht umsonst nennen wir die Erde auch den blauen Planeten: Rund 71 Prozent der Erdoberfläche sind mit Ozeanen bedeckt. Doch die Weltmeere drohen zu einer gigantischen Müllhalde zu verkommen. Besonders Plastik im Meer wird zunehmend zum Problem; eine Million Tiere verenden jährlich an den Folgen der Verschmutzung. Dabei hat die Misere nicht nur Auswirkungen auf die Tiere und Pflanzen der Ozeane, auch wir Menschen sind bedroht, wenn die Meere im Plastikmüll ersticken.
Plastik im Meer: So gefährlich ist der Müll in den Ozeanen
Plastik ist ein fixer Bestandteil unseres Alltags. Das gilt allerdings nicht nur für uns Menschen, auch die Bewohner der Meere können dem Stoff kaum noch aus dem Weg gehen – mit bedrohlichen Konsequenzen.
Warum ist Plastik im Meer gefährlich?
Besonders gefährlich ist im Meer umher schwimmendes oder am Boden abgelagertes Plastik für Tiere. Weil sie die Plastikteile mit Futter verwechseln, endet ihre Begegnung mit dem Kunststoff häufig mit dem Tod. Meeresschildkröten etwa jagen Quallen – doch viel zu oft erbeuten sie statt ihrer Leibspeise ein Plastiksackerl. Das Schlucken des Mülls hat böse Folgen: Die Tiere fühlen sich durch die Fremdkörper im Magen satt und verhungern.
Häufig werden treibende Plastikteile zu tödlichen Fallen: Fische, Delfine, Schildkröten, Vögel und Robben verfangen sich in Tauen und Netzen und gehen qualvoll zugrunde. Sie werden von den Schnüren gefesselt und ertrinken oder strangulieren sich selbst.
Wie viel Plastikmüll schwimmt in den Ozeanen?
Die Initiative Plastic Oceans hat errechnet, dass jährlich über 10 Millionen Tonnen Plastikmüll ins Meer gespült werden, eine LKW-Ladung pro Minute. Um die Meere zu verschmutzen, muss man nicht erst einen Strandurlaub buchen – im schlimmsten Fall reicht auch ein Picknick auf der Donauinsel aus: etwa 40 Tonnen Plastik gelangen jedes Jahr in Österreich in die Donau. In vielen Fällen handelt es sich um unachtsam weggeworfene Einwegprodukte, darunter zahlreiche Plastikflaschen. Bis zu 1.500 Tonnen Plastikmüll landen jährlich über die Donau schlussendlich im Schwarzen Meer – auch Österreich trägt zur Plastikflut bei.
Schwimmt das Plastik erst einmal im Meer, ist es von dort so gut wie nicht mehr wegzubekommen. Ein Teil sammelt sich an der Oberfläche und bildet durch die Strömung riesige Müllteppiche. Ein besonders erschreckendes Exemplar treibt zwischen dem amerikanischen Festland und Hawaii: der Great Pacific Garbage Patch ist mit einer Fläche von 1,6 Millionen Quadratkilometern bereits dreimal so groß wie Frankreich.
Ein weitaus größerer Teil des Plastiks sinkt zum Meeresboden. Etwa 80 Millionen Tonnen des Kunststoffs haben sich Schätzungen zufolge dort mittlerweile angesammelt. Mit verheerenden Folgen für tiefer lebende Fischarten und Korallenriffe.
Die Langlebigkeit von Plastik spitzt das Problem weiter zu. Das Material verrottet nur schwer und gefährdet die Meere und seine Bewohner über lange Zeit hinweg. Eine Plastikflasche, die wir zumeist innerhalb eines Tages leer trinken, benötigt 450 Jahre, um im Meer zersetzt zu werden. Die Haltbarkeit einer Angelschnur beträgt laut Berechnungen von Statista sogar 600 Jahre.
Wie gelangt Mikroplastik ins Meer?
Plastikpartikel, die kleiner als fünf Millimeter sind, sind besonders tückisch – man bezeichnet sie als Mikroplastik. “Primäres” Mikroplastik entsteht, wenn größere Plastikteile mit der Zeit zu immer kleineren Teilchen zerfallen. Die Zersetzung wird durch äußere Einwirkungen wie Reibung, Bakterien, Salz und Sonne vorangetrieben. Zum Beispiel wird Mikroplastik abgerieben und ins Abwasser geschwemmt, wenn wir Kleidung aus Kunststofffasern in der Waschmaschine waschen. Der größte Verursacher des Problems sind allerdings Autos, da durch sie der Abrieb von Fahrbahn und Reifen in die Umwelt gelangt. Auch im Meer entsteht aus größeren Plastikteilen mit der Zeit Mikroplastik.
Im Gegensatz zu primärem Mikroplastik, wird “sekundäres" Mikroplastik gezielt von der Industrie produziert und kommt etwa in Kosmetika und Waschmitteln zum Einsatz. Schon einmal die kleinen Kügelchen in Peelings näher inspiziert? Sie sind häufig aus Plastik. Ein großer Teil wird zwar von Kläranlagen gefiltert – gelangt in weiterer Folge jedoch teilweise über den Klärschlamm auf die Felder. Manche Partikel sind so klein, dass sie auch die Kläranlagen passieren, sie erreichen schließlich das Meer: 1,5 Millionen Tonnen Teilchen treiben laut Weltnaturschutzunion IUCN jährlich in die Ozeane.
Warum ist Mikroplastik gefährlich?
Wenn größere Plastikteile zu Mikroplastik zerfallen, werden die Schadstoffe, mit denen sie angereichert sind, freigesetzt. So gelangen Substanzen mit hormonaktiver, nervenschädigender oder krebserregender Wirkung ins Meer. Umgekehrt funktionieren die feinen Plastikpartikel auch wie Magnete: Sie absorbieren Umweltgifte wie den thermoplastischen Kunststoff PBT oder Pestizide aus dem Wasser. In hoch konzentrierter Form werden diese Toxine über die Partikel dann von Meerestieren aufgenommen. Bei Tieren ist belegt, dass Mikroplastik Entzündungen im Darmtrakt hervorrufen, die Nahrungsaufnahme oder das Fortpflanzungsverhalten beeinflussen und sogar Gewebe- und Zellbarrieren durchdringen kann.
Mikroplastik ist nicht nur für Fische und Meeressäugetiere äußerst unbekömmlich. Über die Nahrungskette gelangt das schadstoffreiche Plastik schließlich auch auf unseren Teller. Na Mahlzeit!
Warum landet Plastik im Meer?
Die Verschmutzung der Meere mit Plastik erstreckt sich über den gesamten Planeten. Egal, ob auf den Meeresgrund der Antarktis oder an die Strände Südostasiens – die Meeresströmungen treiben das Plastik in alle Winkel der Ozeane. Doch wo kommt der ganze Müll im Meer eigentlich her?
Ein Teil der Kunststoffabfälle stammt aus der Hochsee-Schifffahrt. Taue und Netze, die in der Fischerei genutzt werden, gehen im Wasser verloren oder werden einfach über Bord geworfen. Zwar existieren entsprechende Verbote, die sind jedoch schwer zu kontrollieren.
Der überwiegende Teil des Plastikmülls stammt vom Festland und gelangt über Flüsse, Kanäle, den Wind oder direkt über die Strände ins Meer. Schuldträger der Plastikflut sind vor allem die Industriestaaten, die riesige Mengen ihrer Abfälle – zum Teil illegal – in Entwicklungs- und Schwellenländern abladen. Diese werden aber kaum mit ihrem eigenen Müll fertig, da ihnen entsprechende Entsorgungs- und Recyclingsysteme fehlen. Die Müllberge breiten sich unkontrolliert aus, ein großer Teil des Abfalls landet einfach im Meer.
Erst 2020 konnte Greenpeace einen skandalösen Fall illegaler Müll-Verschiffung von Österreich nach Malaysia aufdecken. Transcrime, das Forschungszentrum für grenzüberschreitende Kriminalität, geht davon aus, dass sich Österreich besonders aktiv am illegalen Müllgeschäft beteiligt. Schätzungen zufolge verschwindet die Hälfte aller gefährlichen Abfälle aus Österreich vom offiziellen Markt.
Plastik wird jedoch auch direkt aus den Ländern Europas in die Meere gespült. Einen Teil der Schuld trägt auch hier wieder die Fischerei, doch auch Tourismus- und Freizeitwirtschaft leisten ihren Beitrag. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Menge an Mikroplastik, die über Abwasser und Wind ins Meer transportiert werden. Eine Studie von Greenpeace und dem Meeres-Institut IAS hat schockierende Ergebnisse zu Tage gebracht: Im Schnitt wurden eineinhalb Millionen Mikroplastik-Partikel pro Quadratkilometer vor der Mittelmeerküste Korsikas und Italiens gefunden.
Was können wir tun?
Um die Plastikflut zu bekämpfen, sind vor allem Maßnahmen seitens Politik und Industrie gefragt.
Umweltschutzorganisationen fordern, Einweg-Plastikprodukte, wie Flaschen, Becher und Geschirr, aus den Geschäften zu verbannen, um Hersteller dazu zu bewegen, auf umweltfreundliche Alternativen umzusteigen. Auch das Beimengen von Mikroplastik in Kosmetikprodukte und Waschmittel soll verboten werden.
Fischereibetriebe müssen zur ordnungsgemäßen Entsorgung ihres Abfalls verpflichtet und für Verstöße zur Rechenschaft gezogen werden. Da Kontrollen hier schwer durchführbar sind, wären Anreiz- und Belohnungssysteme denkbar.
Zentral ist außerdem die Entwicklung eines funktionierenden Entsorgungsmanagements in allen Teilen der Welt. Handel und Wirtschaft dürfen sich nicht aus der Verantwortung ziehen und müssen sich an den Kosten der Entsorgung ihrer Produkte beteiligen. Das Recycling von Plastikverpackungen muss klar gesetzlich geregelt werden. Noch wichtiger ist allerdings, die Produktion von Einwegplastik von vornherein zu vermeiden.