Der Konzern präsentiert sich als nachhaltig, aber lässt artenreiche Wälder für kurzlebige Möbel verschwinden.
Claudia Dlapa
Chefredakteurin
In den rumänischen Karpaten schlägt das Herz der letzten großen Urwälder Europas. Hier wachsen Bäume, die schon standen, bevor die ersten Eisenbahnen fuhren – kaum berührte Lebensräume für Braunbären, Luchse und unzählige andere scheue Waldtiere. Die Wälder zählen zu den artenreichsten Regionen des Kontinents.
Doch das wertvolle Naturerbe droht zu verschwinden: Schwere Maschinen bringen unzählige Bäume zu Fall. Satellitenbilder und Recherchen von Greenpeace zeigen: Hinter den Abholzungen in den Karpaten steckt der Möbelkonzern IKEA. Im Jahr 2024 sind fast 59 Quadratkilometer artenreiche Wälder – mehr als die Fläche von 8.200 Fußballfeldern – den Motorsägen seiner Zulieferfirmen zum Opfer gefallen.
Die Wälder werden zu kurzlebigen Tischen, Sesseln und Bücherregalen verarbeitet. Und das, während der Konzern nach außen hin ein nachhaltiges und verantwortungsvolles Image pflegt.
Viele Tiere, auch Braunbären, sind in den Karpaten-Wälder von Abholzungen bedroht.
IKEA wirbt mit Nachhaltigkeit, fadenscheinigen FSC-Siegeln und verantwortungsvoller Forstwirtschaft. Doch die Realität sieht anders aus: Greenpeace hat nachgewiesen, dass Zulieferer Holz auch aus Gebieten mit hoher Biodiversität beziehen – selbst aus einem der letzten uralten Waldökosysteme Rumäniens, dem Rusca-Montană-Wald. Hier leben seit Jahrhunderten Braunbären, die in Europa nur noch selten zu finden sind. Ihr Zuhause wird Baum für Baum abgesägt – und in Fabriken zu Billigmöbeln verarbeitet.
Vor einem Jahr übergaben wir IKEA eine Karte mit Gebieten, die aufgrund ihrer hohen Biodiversität nicht gefällt werden sollten – der Konzern ignorierte unsere Warnungen und hat die Verträge mit den Zulieferern beibehalten.
Selbst wenn die Abholzungen nach rumänischem Recht legal sind, sind sie ökologisch katastrophal. Wissenschaftler:innen betonen, dass auch von Menschen beeinflusste Wälder enorme Artenvielfalt beherbergen können, wenn sie ungestört weiterwachsen dürfen. Wir brauchen diese Wälder als Schutzschild gegen die Klimakrise und als Rückzugsort für bedrohte Tiere.
Greenpeace-Aktion bei IKEA: Wir wollen keine Möbel, für die wertvolle Wälder gerodet werden!
Wie eine Lawine rast die Zerstörung über die Karpatenwälder hinweg: In Rumänien wird 2,5-mal schneller abgeholzt als in Nachbarländern wie Polen oder der Ukraine.
Während Politiker:innen noch über Schutzgebiete beraten, wüten in den betroffenen Wäldern bereits Bagger und Sägen. Greenpeace hat dokumentiert, dass Flächen, die eigentlich für strengen Schutz vorgesehen sind, schon gerodet werden, bevor überhaupt Entscheidungen getroffen werden können.
Die Folgen sind katastrophal: Jeder gefällte Urwaldbaum bedeutet den unwiederbringlichen Verlust von Lebensraum für bedrohte Tiere und CO2-Speicher. Unser europäisches Naturerbe steht auf dem Spiel! „Niemand würde die Pyramiden von Ägypten auseinandernehmen, nur um die Steine zu verwenden. Doch genau das passiert gerade mit Europas Naturerbe“, bringt Greenpeace-Biodiversitätsexperte Robert Cyglicki die Absurdität der Zerstörung auf den Punkt.
Jeder Baum, der in den artenreichen Karpaten-Wäldern fällt, ist einer zu viel.
Wir rufen IKEA dazu auf, sofort Holz aus allen „No-Logging Areas“ zu verbannen – also aus Wäldern, die nach wissenschaftlichen Kriterien als schützenswert gelten. Dazu gehört auch, die eigenen Richtlinien endlich zu verschärfen, anstatt sich hinter schwachen FSC-Standards zu verstecken.
Wenn IKEA sein Nachhaltigkeitsversprechen ernst nimmt, muss der Konzern die letzten Urwälder Europas konsequent schützen. Alles andere macht ihn mitschuldig an der Zerstörung unseres einzigartigen Naturerbes.
Sorgen wir dafür, dass das Zuhause von Luchse und Bären weiterlebt!