Egal ob bei Kleidung, Gebrauchsgegenständen oder Lebensmitteln: Alle wollen grüner werden. Unternehmen setzen bei ihren Markenbotschaften verstärkt auf ein vermeintlich grünes Label. Das liegt aber nicht unbedingt am plötzlichen Wertewandel der einzelnen Firmen, sondern eher an der Devise “Angebot und Nachfrage” – und letztere ist bei den Konsument:innen im Bereich klima- und umweltbewusstes Einkaufen in den letzten Jahren stark gestiegen, wie eine Befragung des deutschen Umweltbundesamts zeigt. Während 2016 nur 44 Prozent der Konsument:innen angaben, beim Kauf von Haushaltsgeräten immer auf die energieeffizienteste Variante zurückzugreifen, waren es 2018 bereits 51 Prozent. Und laut dem Statista-Report “Nachhaltiger Konsum in Deutschland” nennt immerhin ein Drittel der Deutschen Nachhaltigkeit als wichtiges Kaufkriterium. Außerdem zeigt der Report: Marken, die als nicht besonders nachhaltig gelten, laufen Gefahr, boykottiert zu werden. 26 Prozent der 16 bis 29-Jährigen lehnen solche Marken oder Unternehmen ab.

Für die meisten Produzent:innen ist es deshalb nicht der gute Wille, der sie zum Umstieg bewegt, sondern schlichtweg das Ziel des ökonomischen Wachstums. Dabei passiert dieser Umstieg bei vielen Unternehmen nicht in der Produktion, sondern vor allem im Marketing. Während die Produkte vollkommen gleich bleiben, bekommt die Verpackung einen grünen Anstrich oder wird zusätzlich mit Karton umhüllt, um das Image aufzubessern. Diese Art des “grünen” Marketings hat einen Namen: Greenwashing. 

Greenwashing: Definition und Beispiele

Wer von dem Begriff noch nie gehört hat, fragt sich jetzt wohl “Was ist Greenwashing überhaupt?” Diese Frage beantwortet der Duden in aller Kürze, indem er schreibt, Greenwashing ist der “Versuch (von Firmen, Institutionen), sich durch Geldspenden für ökologische Projekte, PR-Maßnahmen o. Ä. als besonders umweltbewusst und umweltfreundlich darzustellen”. Oder man Übersetzt den Begriff einfach ins Deutsche und versteht schnell, was mit den Greenwashing-Produkten passiert: Sie werden grün gewaschen. Mit echter Nachhaltigkeit hat das meist wenig zu tun. 

Beispiele für Greenwashing finden sich mittlerweile in jeder Branche: In der Modeindustrie schmücken sich Produzent:innen mit einer nachhaltigen Kollektion, während sie ihren Umsatz weiterhin hauptsächlich mit billig und nicht fair Produzierter Kleidung generieren. In der Nahrungsmittelindustrie erhält die weder fair noch umweltfreundlich produzierte Avocado einen Laser-Strichcode statt des Plastik-Stickers und Airlines verkaufen ihren Passagieren mit dem Flugticket auch gleich ein gutes Gewissen in Form eines CO2-Ausgleichs mit. Das sind oft Zertifikate für Aufforstungsprojekte, die schlecht oder gar nicht funktionieren.  Die Trickkiste der Unternehmen ist umfangreich und soll Konsument:innen vor allem eins: täuschen. 

Der Gütezeichen-Dschungel

An die Spitze getrieben wird Greenwashing beim Thema Gütezeichen. Alleine in Österreich gibt es mehr als 200 Gütesiegel sowie Güte-, Marken- und Qualitätszeichen – wovon rund ein Drittel nicht, nur wenig oder nur bedingt vertrauenswürdig sind, wie eine Greenpeace-Analyse zeigt. Für Konsument:innen ist es schier unmöglich, im Supermarkt den Durchblick zu behalten, denn bekannte und vermeintlich vertrauenswürdige Gütezeichen sind oft alles andere als ein Qualitätssiegel. 

Ein berühmtes Beispiel ist etwa das Fischzeichen des Marine Stewardship Council (MSC), das 1997 von Unilever und WWF eingeführt wurde und für eine verantwortungsbewusste Fischerei stehen soll. MSC bezeichnet sein Gütezeichen auf seiner Webseite selbst als “Nachhaltigkeitssiegel” und will einen “globalen Markt für nachhaltigen Fisch” aufbauen. Laut der Greenpeace-Analyse sind diese Versprechen aber alles andere als vertrauenswürdig. Das MSC-Siegel wird auch an Fischereien, die mit Grundschleppnetzen arbeiten und damit den Meeresboden langfristig zerstören, vergeben. Zudem ist eine hohe Beifangrate kein Ausschlussgrund für MSC, genauso wie Fisch aus überfischten Beständen. 83 Prozent des heute MSC-zertifizierten Fisches stammen aus großen Fischereiflotten mit bis zu 150 Meter langen Industrie-Schiffen. “Der MSC stellt sich den wirklichen Problemen im Bereich der Meeresfischerei nicht, sondern verleiht dieser ganz allgemein nicht nachhaltigen Industriesparte einen grünen Mantel”, lautet das Fazit von Greenpeace. 

Weitere Gütesiegel, die von Greenpeace als “absolut nicht vertrauenswürdig” eingestuft wurden, sind RSPO für nachhaltiges Palmöl und ASC, das für nachhaltigen Wildfisch und Aquakultur stehen soll. Es gibt aber nicht nur Negativ-Beispiele, denn viele Gütezeichen wurden von Greenpeace als sehr vertrauenswürdig eingestuft. Dazu zählen: 

  • AMA Bio

  • Bio Austria

  • Demeter

  • Prüf Nach

  • Tierwohl kontrolliert 2 Hakerl

  • Tierwohl kontrolliert 3 Hakerl

  • Wiesenmilch


Die ganze Gütezeichen-Analyse findest du hier.

Für Konsument:innen bieten diese Gütesiegel zumindest eine Richtlinie, die den nachhaltigen Einkauf erleichtern kann. Trotzdem bleibt es schwierig, den Durchblick im Greenwashing- und Gütezeichen-Dschungel zu behalten. Die Frage, ab wann ein Unternehmen nachhaltig ist, lässt sich nicht universal beantworten, da es dafür keine globalen Kriterien gibt. Jedem und jeder einzelnen bleibt vorerst nur, genau hinzusehen, auf die richtigen Gütesiegel zu achten und bei dem ein oder anderen Unternehmen etwas Recherche zu betreiben, bevor man es mit dem Kauf unterstützt. Um Greenwashing zu stoppen, braucht es seitens der Produzenten eine langfristige Neuorientierung und eine Denkweise, die nicht nur auf Wachstum ausgerichtet ist. Diese Umorientierung wird aber nicht von alleine kommen, sondern bedarf starken Gesetzen, die die Unternehmen zur Verantwortung ziehen und Greenwashing damit erfolgreich entgegenwirken.