Im Sommer 2024 erhält Greenpeace Hinweise auf mögliche illegale Aktivitäten einer Mülldeponie in St. Pölten. Unser Investigativ-Team gräbt nach – und deckt einen handfesten Umweltskandal auf.
Nikolaus Gessner
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Wien, Spätsommer 2024: Stefan Stadler vom Greenpeace Investigativ-Team erhält Hinweise besorgter Bürger:innen aus St. Pölten. Der Grund: Die Massenabfalldeponie „Am Ziegelofen“ verpestet die Stadt. Schwefliger Gestank zieht durch die Straßen, Müll weht in die umliegenden Gärten. Stefan beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Seitdem die Deponie 2019 privatisiert und für auffällig niedrige 900.000 Euro an die Zöchling Abfallverwertung GmbH verkauft wurde, häuften sich die Beschwerden. Als er dann auch noch auf eine Vielzahl fragwürdiger behördlicher Genehmigungen stößt, wird Stefan klar: Die Sache stinkt zum Himmel! Mit Drohnen und Kameras im Gepäck macht er sich auf den Weg nach St. Pölten.
Der Müllmief schlägt ihm entgegen, noch bevor er sein Ziel sehen kann. Riesige Vogelschwärme umkreisen das Areal und zeigen ihm den Weg zur Deponie. Kaum angekommen, bemerkt er schon Plastiksackerl und anderen Müll, der in den Bäumen rund ums Gelände hängt. Und der Gestank wird immer schlimmer. Aus dem Inneren sind laute Baggergeräusche zu hören. Reinschauen kann Stefan nicht, denn ein meterhoher Schutzwall aus Erde versperrt ihm die Sicht. Aus der Böschung ragende Plastikflaschen und -becher lassen jedoch nichts Gutes erahnen. Er vermutet, dass Restmüll hier einfach vergraben statt fachgerecht entsorgt wird. Ganz nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. Die Natur sieht das anders – und Stefan auch. Also startet er seine Drohne für einen Blick von oben.
Die Drohnenaufnahmen zeigen, wie riesige Restmüllberge offenbar illegal abgelagert und mit Erde abgedeckt werden.
Aus der Luft wirkt die 17,2 Hektar große Deponie überschaubar. Wie auf einem Ameisenhaufen wuseln dutzende kleine Fahrzeuge über das Gelände. Doch der Schein trügt. Die Drohnenaufnahmen zeigen gewaltige, tonnenschwere Abfallberge. Prall gefüllte Müllsäcke, Matratzen, Plastikkübel, Papiersäcke und vieles mehr. Das allein wäre noch nicht illegal. Wegen des jüngsten Hochwassers und des immensen Rückstaus an Müll war es vorübergehend erlaubt, auch unbehandelten Restmüll offen zwischenzulagern. Stefan beobachtet jedoch etwas ganz anderes: Ein Lastwagen kippt Abfall auf die Deponiefläche, zwei Planierraupen und ein Bagger stehen schon bereit, um das Material sofort mit Erde abzudecken. Das ist streng verboten, denn im Restmüll kann alles landen, auch Problem- und Schadstoffe aus Batterien, Akkus, Farben, Altmedikamenten und Fotochemikalien. Gelangen diese Gifte in den Boden, verseuchen sie das Grundwasser und gefährden Tiere wie Regenwürmer und Insekten, die für ein gesundes Ökosystem unverzichtbar sind. Zudem entweichen dabei Gase wie Methan, die die Klimakrise anheizen und auch unsere Gesundheit gefährden können. Warum wird hier trotzdem so gehandelt? „Für die Unternehmen rechnet sich die illegale Deponierung von unbehandelten Abfällen – denn eine fachgerechte Entsorgung wäre teuer“, beklagt Stefan. „Den wahren Preis zahlen aber Mensch und Natur.“
Insgesamt dreimal besuchte unser Greenpeace Investigativ-Team in den nächsten Wochen die Deponie – und dokumentierte akribisch, wie die Zöchling Abfallverwertung GmbH im großen Stil unbehandelte Abfälle aus Haushalten und Gewerben vergrub. Für Stefan war klar: Der Fall muss zu den Behörden. Zunächst wandte er sich an das Klimaschutzministerium. Das Team von Ministerin Leonore Gewessler war genauso empört wie er und leitete den Fall sofort an die zuständige Stelle weiter. Schon kurz darauf führten die Behörden eine unangekündigte Kontrolle durch. Dabei besonders brisant: Am Vortag der Kontrolle meldete sich ein Journalist bei Stefan. Er wollte mehr über den Fall erfahren. Dabei war doch noch gar nichts öffentlich. Wussten also vielleicht auch die Deponiebetreiber:innen vorab Bescheid?
Was und ob etwas durchgesickert war, bleibt bis heute ein Rätsel. Doch dank der umfassenden Kooperation mit den Behörden und der Qualität des gesammelten Bild- und Videomaterials konnten die Beamt:innen den illegal vergrabenen Restmüll schon nach zwei Grabungen finden. Das Greenpeace Investigativ-Team hat einen handfesten Skandal aufgedeckt – mit spürbaren Konsequenzen: Die Anlage wurde sofort geschlossen, und die Menschen, Tiere und Pflanzen in St. Pölten können endlich wieder auf- und durchatmen.
"Wir verstehen uns als Anwälte der Natur – denn wir schützen, was sich nicht wehren kann!" Stefan Stadler, wissenschaftlicher Experte im Greenpeace Investigativ-Team
Die Dankbarkeit und Erleichterung der Bewohner:innen hat Stefan und seinem Team wieder einmal eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig ihre Arbeit für den Umweltschutz ist: „Wir alle sind ein Teil der Natur und brauchen sie, um zu leben. Aber alleine kann sie sich gegen solche Angriffe nicht wehren.“ Genau deshalb lässt Greenpeace nicht locker und setzt sich weiterhin mit aller Kraft für einen lebenswerten Planeten und eine saubere Zukunft ein. Danke, dass du uns dabei unterstützt!