Unternehmen und Non-Profit-Organisationen – von Konfrontation bis Kooperation
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Unternehmen und Non-Profit-Organisationen – von Konfrontation bis Kooperation

Das Verhältnis zwischen Unternehmen und Non-Profit-Organisationen hat sich in den letzten Jahren verändert. Von Konfrontation zur Kooperation. Um die Arten- und Klimakrise aber aufzuhalten, braucht es beides. Verlaufen Kooperationen ungeregelt, droht die Gefahr des Greenwashings – und damit noch größerer Schaden an der Umwelt.

Lange wurde die Klimakrise von Unternehmen verleugnet oder klein gehalten. Umweltorganisationen und andere NPOs haben dem entgegengehalten – mittlerweile gehen auch junge Menschen auf die Straße und fordern echte Klimaschutzmaßnahmen. Denn Klima- und Artenkrise sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen: Naturkatastrophen wie Hitzewellen, Dürren, Stürme, Starkregen und Überschwemmungen nehmen zu und fast ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten sind bedroht! Tiere wie Elefanten, Tiger oder Eisbären drohen einfach auszusterben. Jede:r einzelne spürt in Österreich die beiden Krisen.

Immer mehr Menschen bemühen sich deshalb, umweltbewusster zu konsumieren. Das haben auch die Unternehmen erkannt! Die Folge: überall  „grüne” Produkte, die einen nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten versprechen. Doch diese Versprechen sind meist nicht mehr als Marketingschmähs, die Konsument:innen hinters Licht führen. Anstatt die Klimakrise zu leugnen, wird nun getrickst – wir befinden uns im Zeitalter des Greenwashing.

Für Umweltorganisationen kommt in diesen grün gewaschenen Zeiten eine besondere Bedeutung zu: Sie können Aufklärung leisten, Greenwashing enttarnen, aber auch mit Unternehmen kooperieren, um echte Veränderung zu schaffen. Bei Zusammenarbeiten ist jedoch Vorsicht geboten, denn Umweltorganisationen begeben sich dabei auf gefährliches Terrain und riskieren, selbst zu Greenwashing beizutragen.

Greenwashing: Schaden an der Umwelt ohne rechtliche Konsequenzen 

Unternehmen werben gerne mit schönen Bilder von beispielsweise Kühen auf Weiden, grünen Siegeln und nicht geschützten Begriffen wie natürlich, nachhaltig oder artgerecht, um bei Konsument:innen ein gutes Gefühl zu erzeugen und ihr Kaufverhalten zu beeinflussen – ohne dass ihre Behauptungen stimmen oder überprüfbar sind. 

Wichtige Hintergrundinformationen bleiben meist verborgen: Was bedeutet es eigentlich, wenn Unternehmen behaupten, sie seien klimaneutral oder gar klimapositiv? Was bedeutet es, wenn ein Produkt „natürlich” ist? Erwartungshaltungen und Realität gehen oft weit auseinander.

Was wie ein harmloser Trick wirkt, um Verkaufszahlen hochzuschrauben, ist gefährlich – denn Greenwashing schadet! Wenn Konzerne mit grüner Werbung vermitteln, sie würden selbst etwas für die Umwelt tun, halten sie echten Umweltschutz auf. Warum noch Gesetze machen, wenn die Konzerne scheinbar eh von selbst nachhaltiger werden? Gleichzeitig werden falsche Lösungen vermittelt und falsche Produkte gekauft. Für Umwelt und Klima ist das eine Katastrophe, denn sie brauchen dringendes Handeln! 

NGOs – Watchdog und Partner? 

Keiner von uns wird gerne betrogen oder belogen, doch es scheint jedem einzelnen oft schier unmöglich, komplett hinter die Fassaden zu sehen und beurteilen zu können, was echt nachhaltig und was Greenwashing ist. So ist es eine der größten Herausforderungen der heutigen Zeit, falsche Lösungen und Marketing-Tricks zu entlarven. 

Der Gesetzgeber kommt diesem Anspruch noch in geringem bis keinem Maß nach. Es gibt wenige  rechtliche Vorgaben für Unternehmen und sie können kaum rechtlich belangt werden, wenn sie Greenwashing betreiben. Umso bedeutsamer ist die Kontrollfunktion von zivilgesellschaftlichen Organisationen. 

Umweltorganisationen haben es sich seit ihrem Bestehen zur Aufgabe gemacht, auf die Bedrohungen der Klima- und Artenkrise aufmerksam zu machen und entsprechende Maßnahmen einzufordern. Heute bedeutet das auch, die Tricksereien der Unternehmen zu entlarven. Dazu müssen sie aber unabhängig und ohne jeglichen Einfluss arbeiten können.

Dennoch kann es nützlich sein, dass NGOs mit Unternehmen kooperieren, um sie bei ihrem Veränderungsprozess zu unterstützen. Ist es einem Unternehmen ernst, in seinem Kerngeschäft auf umweltfreundlichere Varianten umzustellen, so ist dies für Greenpeace unterstützenswert – um so mehr, wenn diese Veränderung Vorbildwirkung hat. 

Unternehmen sind oft aus zweierlei Gründen motiviert: Einerseits bekommen sie die inhaltliche Expertise und andererseits färbt das Image der Umweltorganisationen auf die Glaubwürdigkeit des Unternehmens ab. Vorsicht ist aber geboten, wenn Unternehmen versuchen, NGOs zu vereinnahmen, denn die Gefahr droht, dass NGOs dabei selbst zu Unterstützer:innen von Greenwashing werden. 

Das Risiko von Kooperationen

Greenpeace hat sich selbst auferlegt, keine Spenden von Unternehmen oder politischen Parteien bzw. der Regierung zu nehmen, um völlige Unabhängigkeit zu garantieren. Andere Organisationen gehen nicht so weit. Sie kooperieren mit Unternehmen, doch eine zu enge finanzielle Verflechtung von NGOs und Unternehmen kann für beide Seiten ein Risiko darstellen. Damit Unternehmen nicht des Greenwashings bezichtigt werden und die Glaubwürdigkeit von NGOs nicht leidet, braucht es klare Regeln und Transparenz.

Dazu wurde die Initiative  „für transparente Zusammenarbeit” gegründet. Sie hat einen Kodex entwickelt, der genau diese Beziehung regeln soll. Hält sich ein Unternehmen an die Regeln, zeigt dies, dass es eine ehrliche Kooperation mit dem Ziel, sich zu verbessern, anstrebt. Geldflüsse und Kooperationsmaßnahmen werden offengelegt. 

Greenpeace-Kooperationen: konstruktiv und transparent für den Schutz der Umwelt

Auch Greenpeace geht in manchen Fällen Kooperationen mit Unternehmen ein. Um bestmögliche Klarheit, Transparenz und einen tatsächlichen Umweltvorteil sicherzustellen, werden Kooperationen genau geprüft. Greenpeace geht mit Unternehmen keine unwiderrufbaren und dauerhaften Verpflichtungen ein, es finden keine Geldflüsse statt und es wird festgelegt, dass es ein gemeinsames Interesse an einer tatsächlichen Verbesserung gibt. 

Mit Berglandmilch von der Einweg- zur Mehrwegflasche

In Österreich hat Greenpeace beispielsweise mit Unternehmen den Umstieg von Einweg- auf Mehrwegflaschen begleitet. Um den Verpackungsmüll durch Einwegplastikflaschen oder Dosen zu reduzieren, zielte Greenpeace darauf ab, Unternehmen dazu zu bringen, wieder auf regional abgefüllte Mehrwegflaschen umzusteigen. 

Aus Gesprächen mit der Molkerei Berglandmilch ergab sich 2019 eine Zusammenarbeit, die die Mehrweg-Glasflasche für Milch zurück in die Regale der großen Supermarktketten in Österreich brachte. Das war der Anstoß für weitere in Mehrwegglas abgefüllte Milchprodukte wie Kakao, Haferdrink, Joghurt, als auch für weitere Firmen wie Egger Getränke. Die positive Dynamik war schließlich ein Grund, dass 2021 eine Mehrwegquote gesetzlich verpflichtend eingeführt wurde.

Greenpeace Marktcheck: Motivation für Supermärkte

Der Marktcheck ist ein Beispiel für eine weitere folgenreiche Zusammenarbeit. Seit 2015 nimmt Greenpeace bei regelmäßigen Sortimentsvergleichen das Angebot der größten österreichischen Supermarktketten unter die Lupe. Greenpeace bewertet, ob die Produkte in den Regalen umweltfreundlich bzw. biologisch produziert wurden und aus Österreich stammen. 

Durch den Marktcheck regt Greenpeace Supermärkte an, mehr umweltfreundliche Produkte in die Regale zu bringen. Beispielsweise verzichtet heute die Industrie nach jahrelanger Kritik auf problematische Farbstoffe in Eierfarben. Auch bei verarbeiteten Produkten gab es einen Fortschritt: Nach dem Test von Käfigeiern in Fertigprodukten haben alle Supermärkte gegenüber dem Marktcheck erklärt, dass sie bei ihren Eigenmarken nur mehr Boden- und Freilandeier einsetzen werden.

Kooperationen: Fluch oder Segen

Kooperationen zwischen NGOs und Unternehmen können Veränderungen herbeiführen und damit für den Umweltschutz Gutes bewirken, Greenwashing bekämpfen und vorbeugen.

Sowohl für Unternehmen als auch NGOs bergen Kooperationen aber auch ein Risiko. Ist die Zusammenarbeit transparent gestaltet und besteht im besten Fall keine direkte wirtschaftliche Verbindung, können NGOs weiterhin unabhängig und im Sinne der Umwelt, des Klimas oder weiteren Themen tätig sein – als Greenpeace gehen wir hier mit gutem Beispiel voran! Eine Vereinnahmung und Abhängigkeit muss in jedem Fall verhindert werden. 

Ob Kooperation oder Konfrontation – beide sind wesentlich und können für die Umwelt einen Mehrwert schaffen. Wichtig ist, dass es NGOs vorbehalten bleibt, unabhängig und im Interesse des Gemeinwohls zu handeln. Denn für eine funktionierende Demokratie braucht es Kontrollinstanzen – nur so werden die heutigen gesellschaftlichen Probleme zu lösen sein.