Ineffizient und klimaschädlich: So problematisch sind Privatjets
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Ineffizient und klimaschädlich: So problematisch sind Privatjets

Die Branche der Privatjets ist diskret, luxuriös und intransparent. Es gibt kaum Daten und das Privileg für Wenige hat fatale Folgen für unser Klima. Eine Greenpeace-Analyse zur Einordnung.

Protest gegen Privatjets am Genfer Flughafen

Die Corona-Pandemie hat zu einem immensen Boost der Privatjet-Flüge geführt. Die Anzahl der Privatflüge hat sich innerhalb Europas von 118.756 im Jahr 2020 auf 572.806 Flüge im Jahr 2022 beinahe verfünffacht. Die Flüge von Privatjets mit österreichischen Kennzeichen haben sich von 2019 auf 2022 mit einem Plus von 210 Prozent mehr als verdoppelt.

Die Gründe dafür sind simpel: während Lock-Downs, hohe Infektionszahlen, Corona-Tests und Schutzmaßnahmen dazu führten, dass Flugreisen für die meisten Menschen schwierig oder gar unmöglich wurden, nutzten jene, die es sich leisten konnten, vermehrt die Chance, sich dank Privatjets ungehindert und frei durch die Pandemie zu bewegen.

Top-Seller: Exklusive Luxus-Reisen mit dem Privatjet

Privatjet-Charterfirmen nutzten die Gunst der Krise, um – neben Businessreisen – vor allem ihr Angebot an exklusiven Luxus-Reisen auszubauen. Ob in die Antarktis, zur Safari, zur Jagd, zur Kreuzfahrt oder übers Wochenende nach Monaco – fließt genug Geld, ermöglichen Premium-Reisedienstleister und Privatjet-Charterfirmen alles, was das vermögende Herz begehrt.

Der Dekadenz sind keine Grenzen gesetzt: Vom Transfer-Service mit dem Helikopter vom Flughafen direkt zum Hotel bzw. Villa bis hin zum Privatjetflug zur gecharterten Yacht bieten Privatjet-Charterfirmen auf ihren Webseiten alles an, was ihren Kund:innen Luxus und Exklusivität verspricht. Das Problem dabei: Fatale Folgen für das Klima, welche die Ärmsten auf der Welt als erstes spüren, sowie eine desaströse Verschwendung wertvoller Energie und Ressourcen in Zeiten einer Energiekrise.

Klimaauswirkungen der österreichischen Privatjets

Um das Ausmaß der Verschwendung zu beleuchten, hat Greenpeace das Flugverhalten aller in Österreich gemeldeten und aktiven Privatjets in den Jahren 2019 bis 2022 analysiert. Das Ergebnis: 2022 flogen 227 Flugzeuge pro Tag im Schnitt 112 Mal, verbrannten 60 Millionen Liter Kerosin und verursachten mehr als 149.000 Tonnen CO2. Zur Einordnung: Dieselbe Menge CO2 stoßen 65.000 Österreicher:innen im Schnitt pro Jahr im Sektor Verkehr (also alles, was die Mobilität betrifft: U-Bahn, Straßenbahn, Autobus, PKW usw.) aus. Das entspricht den verkehrsbedingten Emissionen einer Stadt in der Größenordnung von Wels.

Die Emissionen von Privatjets sind also unverhältnismäßig hoch. Das ist fatal, denn jedes ausgestoßene Gramm CO2 aus fossilen Quellen, wie Kerosin oder Benzin sowie Erdgas und Kohle, trägt zur Erhitzung der Atmosphäre bei und befeuert die Klimakrise. Wir müssen den verschwenderischen Umgang mit Energie unbedingt stoppen.

Klimaschädlichste Fortbewegungsart

Eines ist klar, nichts ist so klimaschädlich wie eine Reise mit einem Privatjet. Privatjets sind pro Passagier:in und Kilometer gerechnet die klimaschädlichste und ungerechteste Form der Mobilität. Privatflugzeuge verursachen bis zu 14 Mal mehr CO₂-Emissionen als ein durchschnittliches Verkehrsflugzeug (pro Passagier:in) und 50 Mal mehr als Züge.

Der durchschnittliche Flug eines österreichischen Privatjets dauert knapp eineinhalb Stunden, verbrennt mehr als 1.400 Liter Kerosin, verursacht 3,5 Tonnen an CO2-Emissionen und fliegt im Schnitt rund 828 Kilometer weit. Das ist doppelt ungerecht: Es ist für das Klima unverhältnismäßig schädlich und die ineffizienteste Art zu Reisen: denn die durchschnittliche Person in Österreich braucht 5 Monate, um die gleiche Menge CO2 zu verursachen und mit der gleichen Menge an Treibstoff könnte ein Diesel-PKW 24 Mal so weit fahren – das entspricht der Strecke Wien–Peking und wieder retour. 

Eine weitere Ungerechtigkeit bildet die Nichtbesteuerung von Kerosin. Der Flugzeugtreibstoff wird im Gegensatz zu Diesel oder Benzin nicht besteuert und kostet lediglich 50 Cent pro Liter. Die Fortbewegung mit Privatjets symbolisiert den Gipfel der ungerechten Emissions- und Energieverteilung und ist sehr einfach zu vermeiden.

Vermeidbare Emissionen

Die Emissionen der Privatjets sind problemlos zu reduzieren, denn der Großteil der Flüge bewegt sich auf Kurzstrecken oder gar Ultrakurzstrecken wie Paris–Genf, London–Paris oder Wien–Salzburg. Auf europäischer Ebene sind mit 56 Prozent deutlich mehr als die Hälfte der geflogenen Distanzen Kurzstrecken unter 750 Kilometer. Besonders schlimm: Satte 39 Prozent sind gar Ultrakurzstrecken unter 500 Kilometer.

Diese Umstände machen die Privatjetflüge zu einer sogenannten “Low hanging Fruit der Treibhausgasemissionen”, die einfach "gepflückt", also leicht vermieden werden kann: Insbesondere Kurzstrecken können gut mit klimafreundlichen Verkehrsmitteln absolviert werden. 90 Prozent der österreichischen Privatjet-Flüge finden innerhalb von Europa statt, wo gut ausgebaute Eisenbahn- und Straßennetze vorhanden sind. Steigt man statt in den Privatjet in den Zug, werden auf der gleichen Strecke um 98 Prozent (!) weniger Emissionen ausgestoßen.

Falsche Lösungen


Im Jahr 2021 hat die ICAO (die UN-Behörde für die Zivilluftfahrt) das ehrgeizige Ziel für die Branche  entwickelt, bis 2050 eine “Netto-Null” bei CO2-Emissionen zu erreichen. Netto-Null bedeutet, dass alle Emissionen, die ausgestoßen werden, durch “Reduktionsmaßnahmen” (wie etwa das Pflanzen von Bäumen) wieder aus der Atmosphäre entfernt werden. Erreichen will die Flugbranche dieses Ziel durch innovative sowie effiziente Flugzeugtechnologien, einen effizienten Flugbetrieb und durch die Verwendung nachhaltiger Flugzeugtreibstoffe. Das Problem dabei: Woher kommt die dafür notwendige Energie, wenn das klimaschädliche Kerosin wegfällt?

Etwa zwei Drittel unseres Primärenergieverbrauches – also alles was wir insgesamt an Energieträgern (Strom, Kohle, Öl, Gas, …) verbrauchen – stammt aus fossilen Quellen wie Kohle, Erdöl oder Gas. Um die Klimaziele zu erreichen, muss dieser Anteil sehr rasch reduziert werden. Wir werden schlichtweg nicht genug Energie aus nachhaltigen Quellen wie Wind-, Solar- oder Wasserkraft produzieren können, um damit ineffiziente Energieverschwender wie Privatjets zum Abheben zu bewegen. Wir werden unsere nachhaltig produzierte Energie sorgfältig für die Dinge einsetzen müssen, die für die Gesellschaft und die Umwelt von Wert sind. Ein Flug mit dem Privatjet zählt jedenfalls nicht dazu. 

Doch wir können es schaffen. Wie wir anhand des Beispiels der Privatjets sehen, gibt es Bereiche, in denen wir mit wenig Aufwand viel bewegen können, um die Klimakrise zu stoppen. Nur einige Wenige müssen ihren verschwenderischen Konsum einschränken, damit wir als Gesellschaft bereits ein Stück weiter gehen, um unser aller Zukunft auf einem lebenswerten Planeten zu sichern.

Quellen:

CE-Delft Report, CO2 emissions of private aviation in Europe, März 2023

GlobeAir und AvconJets

Klimaschutzbericht 2022

Greenpeace-Analyse, Die Konzerne hinter den österreichischen Privatjets, 2023